Immer wieder sehe ich auf den Straßen oder in den Stories von bekannten Influencern, Babys und Kleinkinder, die bei der Fahrt im Kinderwagen, nicht in die vertrauten Gesichter ihrer Eltern blicken. Babys und Kleinkinder werden, ungeschützt, unbekannten und stressigen Situationen ausgesetzt.
Lange war ich mir auch nicht bewusst, wie wichtig die Blickrichtung zur schiebenden Person ist. Instinktiv habe ich unseren Großen, in fast allen Situationen, in meine Richtung blicken lassen und tue es auch bei meinem kleinen Sohn. Ich empfinde den Blick in die Augen und die ständige Kommunikation als entspannend.
Aber was genau ist positiv für die Kinder, wenn sie in einem Buggy sitzen und ständig Blickkontakt zu ihren Eltern halten können?
Leider gilt der weitverbreitete Trugschluss, dass man seinen Kindern etwas bieten und ihnen die Welt zeigen muss. Viele Eltern sind der Überzeugung, dass es vorteilhaft wäre, die Kinder mit dem Blick nach vorne zu schieben, weil sie ein großes Interesse daran hätten, ihre Umgebung intensiv und neugierig zu betrachten. Es verbreitete sich die Meinung, dass Kinder ab dem Laufalter mehr Eindrücke benötigen und die Entwicklung des Gehirns davon profitieren würde.
Buggys mussten immer kompakter und kleiner werden. Außerdem war die Nachfrage der Eltern nach vorwärtsgerichten Buggys erhöht, da angenommen wurde, man würde den Kindern etwas Gutes tun. Viele Hersteller legten die Blickrichtung nach vorne fest und da diese Variante mittlerweile so verbreitet ist, kommen viele Eltern gar nicht auf die Idee, dass diese Kinderwagen ihren Kindern schaden könnten.
Das Baby lernt gerade selbstständig zu sitzen und macht gleichzeitig Bekanntschaft mit dem Sportsitz, des Kombi-Kinderwagens. Unsere Kinder sitzen in Augenhöhe, von schnellen Autos und schnuppernden Hunden – Diese Situationen sind nicht nur sehr spannend, sondern können kleinen Kindern auch sehr viel Angst machen.
Ungefiltert prasseln verschiedene Sinneseinrücke auf die Kinder ein und überfordern diese. Die ersten Monate liegen die kleinen Wesen nämlich geschützt und abgeschirmt von der Außenwelt in ihren Babywannen und haben von dem vielen Lärm und den Menschen wenig mitbekommen. Schnell kann es zu einer Reizüberflutung kommen und dem Baby ist es unmöglich abzuschalten.
Jedes Kind reagiert und empfindet anders. Auch wenn Babys schon früh die Blickrichtung nach vorne einfordern, sollte man genau beobachten, ob es tatsächlich interessiert die Umgebung betrachtet oder mit einer Reizüberflutung kämpft. Manche Babys weinen dann, viele werden aber auch still (was häufig als Faszination oder großes Interesse an der Umwelt fehlgedeutet wird) und saugen intensiv an ihrem Nuckel oder der Flasche, jedoch nicht aufgrund von Durst.
Babys signalisieren klar und deutlich ihren Unmut, durch lautes weinen. Wenn niemand auf dieses Weinen reagiert und die Babys in Panik geraten, startet ihr Körper ein Notfallprogramm und sie werden auf der Stelle ruhig oder schlafen sogar ein. Dieses Programm hat Babys jahrtausendelang geschützt und sollte ein Kind tatsächlich einmal schutzlos irgendwo herum gelegen haben, war sein Überleben wahrscheinlicher, wenn es nicht durch anhaltendes Schreien auf sich aufmerksam gemacht hat. Einfach einzuschlafen erhöhte die Überlebenswahrscheinlichkeit für Babys enorm und auch ältere Kinder nutzen ihr Notfallprogramm, wenn sie Gefühle wie Panik, Angst oder Schmerzen nicht mehr selbst regulieren können.
Draußen ist es hell, laut und hektisch. Es passieren viele Dinge, die so ein kleiner Mensch noch nicht verstehen kann. Genau dann benötigen Kinder eine Bezugsperson, die ihnen signalisiert, dass alles in Ordnung ist. Jemand der dem Kind das Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit gibt. Dieser Kontakt bricht jedoch ab, sobald ein Kind im Buggy sitzt und seine Eltern im Rücken hat und die Sicht nach vorne uneingeschränkt ist.
Blickkontakt ist Kommunikation. Neugeborene sind auf diese Art von Kommunikation angewiesen. Wenn die Eltern mit Blicken signalisieren „Es ist alles gut“, fühlen sich die Kleinen behütet und entwickeln Selbstvertrauen. Mit dem älter werden, kommunizieren Kinder auf eine andere Art und Weise: Sie plappern, zeigen auf Dinge und wollen mit ihren Bezugspersonen interagieren. Die Häufigkeit des Blickkontakts nimmt ab aber seine Bedeutung wird gezielter. Gerade in ungewohnten, stressigen Situationen rückversichern sich Babys, über Blicke, bei ihren Eltern.
Die Fähigkeit sprechen zu lernen ist angeboren. Die Qualität und der Lernerfolg hängen stark mit der Umwelt zusammen. Zahlreiche Forschungen kamen zu dem Ergebnis, dass die Sprachentwicklung bei Kindern maßgeblich von der Häufigkeit und der Qualität der Kommunikation mit anderen abhängt.
Dabei ist es wichtig, dass Kinder uns beim Sprechen beobachten können und wir sie direkt ansprechen. Je häufiger Bezugspersonen mit Babys sprechen und dabei verschiedene Variationen in Satzbau und Wortwahl anwenden, desto schneller können Kinder, in ihrer sprachlichen Entwicklung, voran kommen und einen großen Wortschatz ihr Eigen nennen. Wird das Kind in Fahrtrichtung geschoben, kann es die Eltern beim Sprechen nicht beobachten und Eltern sprechen automatisch weniger mit ihren Kindern, wenn sie keinen Augenkontakt haben.
2008 wurde an der britischen Universität Dundee, unter der Leitung von Dr. M. Suzanne Zeedyk, eine Studie mit dem Titel “What’s life in a baby buggy like?: The impact of buggy orientation on parent-infant interaction and infant stress” (dt. in etwa “Wie ist das Leben in einem Kinderwagen? Die Auswirkungen der Blickrichtung im Buggy auf die Interaktion zwischen Eltern und Kind und das kindliche Stresslevel”) in Auftrag gegeben.
Dazu wurde zunächst eine empirische Beobachtungsstudie, mit 2722 beobachteten Eltern-Kind-Paaren, an Hauptstraßen, in 54 Orten, in Großbritannien durchgeführt. Um auszuschließen, dass die dabei beobachteten Verhaltensweisen von Gewohnheiten und Vorlieben der Eltern abhängig waren, wurden in einem Experiment 20 Eltern-Kind-Paare beobachtet, die abwechselnd in vorwärts- und rückwärtsgerichteten Buggys spazieren gingen.
Kurz gesagt, profitieren Babys deutlich vom Blickkontakt zu ihren Bezugspersonen. Ob eine nach vorne gerichtete Fahrweise nachhaltigen Schaden zufügt, konnte in der Studie nicht abschließend geklärt werden, auch wenn die Ergebnisse einen solchen Schluss nahe legen.
2013 wurde in Auckland, Neuseeland, unter der Leitung von Dr. Ken Blaiklock eine ähnliche Untersuchung durchgeführt. Hier wurden insgesamt fast 900 Eltern-Kind-Paare in der Umgebung von belebten Einkaufszentren beobachtet. Da die meisten Buggys mit Blick nach vorne gefahren wurden, sind die Ergebnisse weniger aussagekräftig. Sie unterstützen aber die Ergebnisse aus Großbritannien.
Leider gibt es nur sehr wenige Buggy- und Sportwagenhersteller, deren Sitzeinheiten die Richtung wechseln können. Fast alle Kombi-Kinderwagen bieten jedoch drehbare Sitzeinheiten an. Die Sportsitze können ganz einfach umgesteckt werden. Natürlich könnt Ihr den Kinderwagen, mit dem Sportsitz, als Buggy nutzen. Dieser ist etwas sperriger als ein reiner Buggy, spart jedoch Geld und ist nachhaltig.
Hier findet Ihr eine detaillierte Auflistung meiner Lieblingsbuggys, die ich Euch empfehlen kann. Viele günstige Modelle haben viel zu dünne Räder, sind sehr klapprig und halten leider nicht viel aus. Ein teures Modell kann von mehreren Geschwistern genutzt werden, ist also sehr langlebig und kann am Ende noch lukrativ verkauft werden.
iCandy Lime
UPPABaby Cruz
Moon RESEA SPORT
BRITAX SMILE 2
Joie versatrax
Wie lasst Ihr Eure Liebsten fahren? Wusstet Ihr, dass die Blickrichtung von Bedeutung ist? Kennt Ihr noch weitere gute Buggys, welche man drehen kann? Ich freue mich über Eure Kommentare und unseren Austausch.
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