Öffentlich Stillen? Selbstverständlich! Schluss mit dem Versteckspiel

09. April 2018

Für den Großteil der Frauen gibt es nichts unangenehmeres als den Gedanken in der Öffentlichkeit zu stillen. Denn sobald es in den sozialen Medien um dieses, für viele, sehr heikle Thema geht ist die Resonanz meist negativ behaftet. Meist sind die Gegner des öffentlichen Stillens vom weiblichen Geschlecht. Unglaublich – gerade wir Frauen müssten viel verständnisvoller und unterstützender miteinander umgehen. Wie wir das schaffen können und meine Tipps zum Stillen könnt Ihr in diesem Beitrag nachlesen.

 

Mein erstes Mal

Da ich nach kurzer Zeit meine Meinung zum Stillen geändert hatte und mehr als stolz war mit meinem Sohn die schwere Zeit der Saugverwirrung überstanden zu haben, musste es früher oder später dazu kommen, in der Öffentlichkeit zu stillen. Bis dato hatte ich es immer geschafft uns beide ins Auto zu flüchten, doch diesmal war das nicht möglich. Es war unsere Premiere: Frühstücken mit dem klitzekleinen Baby. Ich empfand diese Situation alles andere als angenehm, aber wie soll man reagieren, wenn dem Baby vor Hunger die Tränen in die Augen schießen? Da wir das Glück hatten in hintersten Ecke des Cafés zu sitzen und ich ein großes Spucktuch zum Verdecken dabei hatte, wagte ich diesen, für mich, großen Schritt.

Ohne Hilfsmittel Stillen

Das öffentliche Stillen wurde immer öfter praktiziert, doch trotzdem war es für mich immer noch schwer mich komplett darauf einzulassen. Besonders vor der Familie war es mir sehr unangenehmen, so dass ich sogar auf einer Familienfeier mein Baby auf der Toilette gestillt habe. Bitte, macht das niemals. An erster Stelle steht Ihr und Eurer Baby und keine andere Person. Genauso sollte man auf der anderen Seite immer darauf achten, dass eine Stillende sich wohl fühlt, auch wenn man selbst mal den Raum oder den Sitzplatz verlassen müsste. Diese Situation war für mich ein Schlüsselmoment und ich wollte uns beide niemals mehr so erniedrigen.

Mit der Zeit kam das Selbstbewusstsein. Ich habe plötzlich überall gestillt. Doch ganz ohne Hilfsmittel habe ich mich dies am Anfang nicht getraut. Neben dünnen Decken habe ich zum Verdecken so gut wie immer Spucktücher genutzt. Meine Entscheidung zum komplett ohne Sichtschutz zu Stillen wurde mir jedoch von einem kleinen Mann abgenommen. Denn ganz ehrlich, wem würde es gefallen, während des Essens immer ein Tuch auf seinem Kopf liegen zu haben? Schon früh hat A. einfach das Tuch von seinem Kopf gerissen und wollte seine Umwelt beim Trinken beobachten. Nach und nach wurde es immer einfacher. Ein Handgriff und mein Kind wurde ohne großen Aufwand gestillt. Meist wurde das Einnehmen seiner Mahlzeit nicht einmal von anderen Personen bemerkt.

Ich rate Euch in der Öffentlichkeit gar nicht erst anzufangen mit Hilfsmitteln zu Stillen. Kauft keine extra Stillschals und verzichtet direkt auf Tücher auf den Köpfen Eurer Kinder. Mit wenigen Handgriffen ist es nämlich viel unauffälliger als sich ein riesiges Stoffstück auf der Schulter liegen zu haben.

Falsche Vorbilder

Ein Erlebnis hat mich leider in der Schwangerschaft schon mit dem Gedanken an das öffentliche Stillen erschaudern lassen. Ich saß  mit meiner Schwester und ihrem Freund im Ikea Restaurant und eine Dame, direkt gegenüber von uns, musste Ihr Baby stillen. Sie zog ihre Bluse fast komplett aus und wir konnten wirklich alles sehen. So sieht das also aus? Keinerlei Privatsphäre während des Stillens? Diese Situation hatte mich zu diesem Zeitpunkt sehr geprägt, so dass ich schon am Stillen selbst zweifelte. Ich hatte bis zu diesem Zeitpunkt noch nie eine Stillende gesehen und wollte keinesfalls, dass ich mich so präsentieren muss.

Entweder sieht man so gut wie nie stillende Frauen oder Extreme, mit denen man sich nicht identifizieren kann. Genau aus diesem Grund ist das Stillen in der Öffentlichkeit verpönt: Denn dezent Stillen ist selten zu sehen. Man könnte denken, dass es so unauffällig passiert, dass wir es im Alltag nicht merken. Jedoch achte ich seit meiner Mutterschaft auf andere Mütter und habe bis jetzt nur innerhalb meines Freundeskreises und der Familie öffentlich Stillende gesehen.

 

Setzt ein Zeichen für Euch und andere Frauen

„Mein Baby hat Hunger, ich gehe mal eben auf Toilette.“ Dieser Satz sollte niemals aus dem Mund einer Mutter kommen. Auch sollten wir uns nicht im Auto verstecken. Stillt einfach überall da, wo Eurer Kind Hunger hat, egal wo und wann. Nach wenigen Abläufen geht es wie von alleine und Ihr benötigt kein Tuch oder andere Dinge um Euch zu verdecken. Wir müssen uns viel öfter zeigen, um anderen Frauen, die nicht dasselbe Selbstbewusstsein haben, Mut zu machen. Jeder Anfang ist schwer aber warum sollten wir die Bedürfnisse Fremder über die unserer und ganz wichtig, über die Bedürfnisse unserer Babys stellen? Auch als Nicht Frau und Mutter reicht oft ein nettes Lächeln um einer stillenden Frau zu Helfen.

Ich habe schon an den wildesten Orten gestillt. Selbst auf stillfreundliche Kleidung achte ich so gut wie gar nicht und trotzdem bemerken mich viele Personen gar nicht. Auch negative Reaktionen habe ich in meinen insgesamt 25 Monaten Stillbeziehung mit meinen beiden Söhnen noch nie erlebt. Jedenfalls nicht bewusst. Traut Euch, denn Ihr werdet in den meisten Fällen auf nette und verständnisvolle Personen treffen und nicht auf den Querschnitt der Social Media Rambos.

 

Stillt Ihr in der Öffentlichkeit und wenn ja: Wie und mit welchen Reaktionen habt Ihr zu Kämpfen?

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6 Gedanken zu „Öffentlich Stillen? Selbstverständlich! Schluss mit dem Versteckspiel“

  1. Evelyn sagt:

    Auf alle Fälle dafür!

  2. Nancy sagt:

    Ich wurde direkt angesprochen, dass ich doch bitte auf Toilette gehen soll.
    Aber bitte warum?
    Essen wir auch auf Toilette?
    Wenn andere sich ihrer Flüssigkeiten erledigen, wer geht zu denen und sagt was?
    Von daher wer sein Kind stillen möchte soll es da tun wo er möchte!!!

    1. Laura sagt:

      Wirklich? Und wo ist dir das passiert? Ich bin schockiert!

      1. Julia sagt:

        Omg?
        Das finde ich ja wirklich schlimm! Habe einmal eine Mama mit Baby und Mann am Klo gesehen und im ersten Moment hab ich gar nicht verstanden was sie da macht – dachte sie zieht sich um oder soetwas?
        Hab eine Zeit lang überlegt ob ich sie nicht bitten soll die Toilette mit ihrem Baby zu verlassen und sich wieder in den Gastraum zu begeben, da ein Ort wie dieser doch nichts für ein Baby ist. Hatte allerdings mein Kleinkind dabei und habe mir dann gedacht, dass es mich ja eig nichts angegeht und gehofft, dass sie das nächste Mal mehr Mut haben wird….

  3. Damir Tunukovic sagt:

    Unmöglich das Menschen so was verbieten wollen. Je natürlicher man heutzutage ist, desto absurder reagieren die Menschen um einen herum. Ich werde es nie verstehen, was da so schlimm sein soll, wenn man ein Baby in der Öffentlichkeit stillt. FKKs gibt’s ja auch ohne Ende. Ich denke, man sollte sich eher schämen über Andere ständig zu urteilen. Schließlich findet man immer was, was einem nicht passt. ✌

  4. Dennis Billstein sagt:

    Ich halte das ganze einfach für eine persönliche Entscheidung. Nicht jeder möchte gerne seine Brüste öffentlich zeigen und das ist auch in Ordnung. Den Vergleich, man möchte ja auch nicht mit einem Tuch auf dem Kopf essen, finde ich allerdings etwas weit hergeholt. Kinde mit Erwachsenen zu vergleichen ist nicht immer sinnvoll, immerhin möchte ich auch keine Windel tragen oder für alles die Erlaubnis meiner Eltern einholen. Wer öffentlich stillen möchte hat in Deutschland die Freiheit und das Recht dazu. Wer anderen nicht beim Stillen in der Öffentlichkeit zusehen möchte hat diese Rechte ebenfalls, auch wenn es manche nervt.
    Ich kann beide Seiten verstehen und finde es toll, das wir uns aussuchen können, wie wir damit umgehen. Hier gibt es kein Richtig oder Falsch, höchstens die falsche Perspektive.

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