„Also Pre-Milch ist doch viel gesünder für das Baby, alles wird streng kontrolliert und das Wasser ist abgekocht. Muttermilch kann niemals so schadstoffarm sein wie Fertignahrung.“ Unglaublich aber wahr: Solche Texte habe ich in meinem Leben nicht nur einmal gehört oder gelesen. Aber woher sollen wir Mütter überhaupt wissen, wie gut unsere Milch wirklich ist? Vor einiger Zeit berichtete mir eine sehr gute Freundin von dem Muttermilch-Untersuchungsprogramm des Landes Niedersachsen. Da ich aus der Stadt Goslar komme, welche zu Niedersachsen gehört, wollte ich selbst die Erfahrung machen wie so ein Test abläuft. Außerdem war ich in erster Linie an dem Ergebnis interessiert: Außer Alkohol und Nikotin verzichte ich auf nichts in der Stillzeit, obwohl auf etlichen Seiten und Foren Verzicht von vielen Nahrungsmitteln gepredigt wird.
Rückstände von chemischen Substanzen werden heute weltweit in der Muttermilch gefunden. Die sogenannten chlorierten Kohlenwasserstoffe haben hier die größte Bedeutung. Bei vielen dieser Stoffe wurden die Gesundheits- und Umweltfolgen erst nach jahrelangem Einsatz als Pflanzenschutzmittel oder im industriellen Bereich erkannt. Die weitere Verwendung der meisten dieser Stoffe ist in den letzten Jahren in Europa verboten worden. Bei Muttermilch-Untersuchungen, die seit 1969 durchgeführt werden, ist gegenüber der Vergangenheit bei den meisten Schadstoffen ein deutlicher Rückgang festzustellen.
Die Untersuchungen geben Informationen über die allgemeine Belastung mit Schadstoffen, insbesondere mit Organochlorverbindungen. Sie können z. B. regionale Unterschiede (ob man in der Stadt oder auf dem Land lebt) im Gehalt an Fremdstoffen aufzeigen. Die Messungen geben an, ob sich Fremdstoffkonzentration geändert hat oder ob sogar neue Fremdstoffe nachweisbar sind. Die Ergebnisse der Fremdstoffmessungen könnten zu Änderungen der Stillempfehlungen führen.
Das Niedersächsische Landesgesundheitsamt (NLGA) bietet uns, in Zusammenarbeit mit dem Staatlichen Lebensmitteluntersuchungsamt in Oldenburg, an unsere Muttermilch auf einige relevante Schadstoffe untersuchen zu lassen. Da das Land Niedersachsen die Kosten trägt, ist für alle Stillenden mit Wohnsitz in Niedersachsen die Untersuchung kostenfrei. Für Mütter, die nicht in Niedersachsen wohnen kostet die Untersuchung 160,00 € zzgl. Versandpauschale 2,40 €.
Innerhalb von 2-4 Wochen sollten wir das Untersuchungsergebnis mit einer medizinischen Bewertung erhalten. Bei Fragen zum Ergebnis kann uns unser Arzt, das Gesundheitsamt oder das NLGA behilflich sein und uns beraten.
Das NLGA wertet unsere Daten nur in anonymisierter Form aus. Persönliche Angeben und das Untersuchungsergebnis unterliegen nämlich dem Datenschutz.
Unsere Angaben und Untersuchungsergebnisse werden für den Aufbau der „Frauenmilch Datenbank“ in Niedersachsen erhoben und für wissenschaftliche Zwecke genutzt. Name und genaue Anschrift werden für die Übermittlung unseres Befundberichts genutzt und nach sechs Monaten nach der Befundsübermittlung gelöscht. Jedoch können wir einwilligen, dass unser Name und unsere Adresse mit unserer Muttermilch für 10 Jahre gespeichert und gelagert wird, um so etwaige Untersuchungen auf Fremdstoffe zu ermöglichen. Ich habe mich für den zweiten Punkt und die damit 10 Jahre lange Lagerung und Speicherung entschieden.
Nachdem ich mich mit dem Thema beschäftigt hatte, wollte ich unbedingt ein Teil dieses Programms sein. Auf der Website des niedersächsischen Gesundheitsamts kann man ganz einfach online das Probengefäß und die Anleitung bestellen. Nach kurzer Zeit stand ein Paket mit folgendem Inhalt bei mir vor der Tür: Kühlakkus, eine Flasche für die Muttermilch, ein Fragebogen, eine Anleitung, ein Aufkleber mit der Beschriftung „Kühl lagern“ und ein Rücksendeaufkleber. Sofort machte ich mich ans Werk, jedoch muss man einige Dinge beachten:
Eine falsche Reinigung oder Rückstände von Cremes und Lotionen können das Testergebnis verfälschen. Ihr könnt auch an mehreren Tagen sammeln, jedoch muss die Milch jedesmal stehend im Gefrierfach gelagert werden. Das Ergebnis kommt schriftlich innerhalb, bei mir, knapp sechs Wochen.
„Entsprechend dem derzeitigen Wissensstand ist damit Ihre Muttermilch sehr gut für Ihr Baby geeignet.“
Nach knapp sechs Wochen bekam ich mein Untersuchungsergebnis schriftlich per Post mitgeteilt. In dem vier Seiten langen Brief wurde mir für die Teilnahme am Muttermilchuntersuchungsprogramm des Landes Niedersachsen gedankt. Des weiteren wurde mir mitgeteilt, dass die gemessene Fremdstoffkonzentration im üblicherweise vorzufindenden Konzentrationsbereich bzw. dadrunter liegt. Auf den weiteren Seiten werden meine persönliche Konzentrationen zu den untersuchten Substanzen angegeben, welche ich direkt mit den Vergleichswerten überprüfen konnte. Interessant war auch der Fettgehalt meiner Milch, welcher 5,4% beträgt.
Auf der letzten Seite findet man noch einen Hinweis, welchen ich Euch allen ans Herz legen möchte: Kinder sollen möglichst sechs Monate lang, ohne Gabe von zusätzlicher Nahrung und Getränken, gestillt werden. Die Vorteile des Stillens überwiegen eindeutig mögliche gesundheitliche Nachteile durch die Fremdstoffbelastung. Anschließend kann , unter Gabe von vernünftig zusammengesetzter Beikost, so lange weiter gestillt werden, wie Mutter und Kind es wollen.
Hinweis: Wegen guter Nachrichten eingestellt: Nach rund 10.000 Untersuchungen wurde zum Jahresanfang 2020 nach rund 20 Jahren das Muttermilch–Untersuchungsprogramm des Landes in der bisherigen Form eingestellt. Die Anforderung eines Muttermilch-Paketes ist somit nicht mehr möglich.
Quelle: Niedersächsische Gesundheitsamt
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So ein interessanter Beitrag. Ich habe meinen Sohn knapp 6 Monate voll gestillt, nun ist er 9 Monate alt und ich stille ihn immer noch so gerne. Ich wohne in NRW, aber direkt an der Grenze zu Niedersachsen… Würde ich noch in Niedersachen wohnen, würde ich glatt jetzt noch eine Probe einschicken….
Liebe Grüße Kristina von KDSecret
In Schleswig-Holstein gibt es auch ein kostenloses Muttermilch Untersuchungsprogramm. Diese Woche ist auch schon mein Probenpaket angekommen. Eine tolle Aktion.
Hallo Lena,
wie toll! Berichte mal was bei Dir rausgekommen ist.
LG