Deine Stillgeschichte | Es war ein langer, tränenreicher Weg

15. Januar 2017

Auch Du willst uns „Deine Stillgeschichte“ erzählen? Wenn ja, dann sende mir bitte Deine Geschichte ab 400 Wörter und wenn es geht mit Bild an deinegeschichte@trendshock.de. Ich freue mich über jede Geschichte, Deine Geschichte!

Stillen? – Na klar!

Während meiner Schwangerschaft habe ich mich über allerlei Babythemen informiert, mich in alles, was in unserem neuen Lebensabschnitt auf uns zukommt, eingelesen. Ich fühlte mich bestens auf die Ankunft unserer Tochter vorbereitet. Dass ich unser Kind stillen möchte, stand für mich von Anfang an fest. Für mich war das nicht nur selbstverständlich, sondern aufgrund der Allergien meines Mannes auch eine Notwendigkeit. Ich wollte für unsere Tochter wie jede Mutter nur das aller Beste. Auch im Geburtsvorbereitungskurs war das Stillen Thema; die Hebamme zeigte uns, wie wir ein Stillkissen optimal zum Stillen nutzen können. Das sieht ja kinderleicht aus, dachten wir uns.

Ich hatte während meiner Internetrecherchen häufiger von Frauen gelesen, die leider aus den unterschiedlichsten Gründen nicht stillen konnten oder aber, dass wunde Brustwarzen am Anfang normal seien. Doch all diese Erfahrungsberichte und die Leichtigkeit, mit der mein Umfeld über das Stillen sprach, haben mich nicht auf das vorbereitet, was mich in den ersten 12 Lebenswochen meiner Tochter erwartete. Ich entschuldige mich schon jetzt für den ausführlichen Text. Doch klein M. und ich haben trotz ihrer mittlerweile 4,5 Monate schon einiges miteinander durchlebt.

 

Unser erstes Mal

Ich habe meine Tochter im August 2016 nach qualvollen und traumatischen Stunden (aber das ist eine andere Geschichte) in einem als stillfreundlich verifizierten Krankenhaus entbunden. Bereits wenige Minuten nach der Geburt machte sich M. auf die Suche nach meiner Brustwarze. Im Geburtsvorbereitungskurs hatte uns die Hebamme schon von diesem Phänomen erzählt, doch es dann bei meiner eigenen Tochter mitzuerleben, war ein außerordentlicher Moment. Letztendlich habe ich M. aber erst etwa eine Stunde nach der Geburt mit Hilfe der Kreißsaalhebamme zum ersten Mal angelegt. Dabei lag mein Baby völlig friedlich neben mir, während ich sie über 40 Minuten im Liegen stillte. M. schlief daraufhin in meinen Armen ein und wir wurden auf die Wochenbettstation gebracht.

 

Stillfreundliches Krankenhaus – Von wegen!

In unserer ersten Nacht habe ich unser Kind kein einziges Mal gestillt. Warum? Ich hatte solch einen Respekt vor der Zerbrechlichkeit dieses winzigen Wesens. Da habe ich mich neun Monate auf unsere Tochter gefreut und traute mich dann nicht einmal, sie ohne Hilfe zu bewegen!? Ich fühlte mich furchtbar! In der Zeit von 22 Uhr abends bis 6 Uhr morgens hat M. friedlich in meinen Armen geschlafen. Ich hingegen habe kaum ein Auge zugemacht. Sollte unser Baby nicht langsam einmal wieder gestillt werden? Ich rief im Schwesternzimmer an, bat um Hilfe beim Anlegen. „Da ist leider momentan keine Zeit für. Wir haben gerade Schichtwechsel. Sobald wir hier fertig sind, wird jemand zu ihnen kommen.“ Nach 2,5 Stunden und einem weiteren Anruf im Schwesternzimmer kam dann endlich eine Krankenschwester. Doch anstatt mir zu zeigen, wie das Anlegen überhaupt funktionierte, stopfte sie meine Brust einfach in den Mund unserer Tochter und verschwand wieder. Natürlich habe ich mich im Nachhinein geärgert, dass ich nicht darauf bestanden hatte, mir zu erklären, wie ich M. stillen kann.

 

Der erste Tag zu Hause

Noch am selben Tag wurden wir aus dem Krankenhaus entlassen. Dass meine Nachsorgehebamme ausgerechnet an diesem Wochenende im Urlaub sein sollte, verunsicherte mich zunächst nicht. Schließlich hatte ich meinen Mann an meiner Seite. Doch als ich es nach mehreren Stunden in den eigenen vier Wänden noch immer nicht geschafft hatte, unsere Tochter zu stillen, begann ich zu verzweifeln. Die Vertretungshebamme tat ihr Bestes, uns am Telefon zu beraten, versuchte mir die Angst zu nehmen. Denn natürlich machte ich mir mittlerweile fürchterliche Sorgen um das Wohl unseres Kindes. Am späten Abend schafften mein Mann und ich es endlich, nach Stunden (!), dass M. an meiner Brust trank. Dasselbe Schauspiel spielte sich in der Nacht noch einmal ab. Wir benötigten wieder Stunden, bis es uns gelang, dass M. andockte.

 

So fühlt sich Glücklichsein aber nicht an!

Am nächsten Tag sollte endlich die Vertretungshebamme vorbeischauen. Diese fand mich weinend im Bett vor, M. in meinen Armen. Ich fühlte mich wie eine Versagerin. Wieso hatte mir niemand gesagt, dass das Stillen so schwer ist? Wie machten das all die anderen Frauen? Um es kurz zu machen, es vergingen zwei Wochen, mehrere Erläuterungen meiner Hebamme, ein Milchstau (mit Blutpropfen, die M. während des Stillens aus meiner Brustwarze zog) und die obligatorischen wunden Brustwarzen, bis wir es endlich schafften, M. anzulegen. Doch ich war noch immer nicht glücklich. Ich schaffte es nach wie vor bis auf wenige Ausnahmen nicht, M. ohne die Hilfe meines Mannes anzulegen. Hatte ich mich bereits zuvor wie eine Versagerin gefühlt, nahm diese Gefühl nun noch anderen Dimensionen an. Hinzu kam ein weiteres Problem. Ich hatte Schmerzen. Dabei spreche ich nicht von den Schmerzen, die einem wunde Brustwarzen bereiten. Es waren Schmerzen, die so qualvoll waren, dass ich Angst davor hatte, dass M. aus ihrem Schlaf erwacht um wieder zu trinken. Mittlerweile war ich an einem Punkt angekommen, der mich bei jeder Stillsitzung in Tränen ausbrechen ließ. Sogar der Gedanke an das Stillen und die Schmerzen, die mir wieder bevorstanden, brachte mich zum Weinen.

 

Die Stillberatung

Mein Mann beschloss, dass wir eine Stillberatung aufsuchen müssten. Man sollte meinen, dass es in einer Großstadt kein Problem sei, eine kompetente Stillberatung zu finden. Und tatsächlich, bei der Internetrecherche stieß mein Mann auf viele Namen, doch leider waren deren Kapazitäten alle völlig ausgeschöpft. Zum Teil vertröstete man uns mit wochenlanger Wartezeit. Schließlich fuhren wir in das Krankenhaus, in dem ich M. entbunden hatte. Dort lernten wir eine wunderbare Kinderkrankenschwester kennen, die gleichzeitig auch Stillberaterin ist. Sie war nicht nur menschlich wunderbar („Frau J., hat Ihnen eigentlich schon einmal jemand gesagt, dass sie unheimlich stolz auf das sein können, was sie bisher geleistet haben?“,“Nein Herr J., niemals werden Sie sich vorstellen können, welche Schmerzen eine Frau beim Stillen erleiden muss!“), sondern brachte auch endlich die Lösung für unsere Stillprobleme. Die unerträglichen Schmerzen, die sich während des Stillens tief in meiner Brust bildeten und bis unter die Achselhöhlen ausbreiteten, wurden durch den Milchspendereflex ausgelöst. Die Schmerzen sollten sich laut der Stillberaterin nach ein paar Tagen geben, bis dahin sollten mir Schmerztabletten den Schmerz erträglicher machen. Was tatsächlich auch der Fall war. Ein weiterer Schmerzfaktor war das Saug- und Trinkverhalten unserer Tochter. Sie machte Bewegungen mit der Zunge, die nicht richtig waren und meinen Brustwarzen zusätzlichen Schmerz bereiteten. Die Stillberaterin zeigte mir, wie ich M. ohne Hilfe anlegen kann, und woran ich erkenne, dass M. ‚richtig‘ trinkt. So schafften wir es, dass M. innerhalb von wenigen Tagen das Trinken ‚lernte‘. Die Schmerzen nahmen ab.

 

Es wäre auch zu schön gewesen…

Unsere Tochter nahm sehr gut zu, teilweise bis zu 400 g in einer Woche. Ich hatte mich mit dem Stillen mittlerweile angefreundet, war stolz darauf, die ersten traumatischen Wochen in unserer Stillbeziehung gemeistert zu haben. Ich freute mich darauf, nun endlich die Zeit mit M. genießen zu können und endlich glücklich zu sein. Doch dieses Hochgefühl war nur von kurzer Dauer.

Ich hatte während meiner Schwangerschaft schon von Frauen gelesen, die zu wenig Milch produzierten, um ihre Kinder zu ernähren. Dass es aber auch Frauen mit zu viel Milch gibt, davon hatte ich noch nie gehört. Bis ich selbst zu diesen Frauen gehörte.

Von einen Tag auf den anderen fing M. furchtbar an zu schreien, wenn ich während des Stillens die Brust wechselte. Sie ließ sich daraufhin nur schwer beruhigen. Auch die Schmerzen an den Brustwarzen nahmen wieder zu. Meine Hebamme brachte mich daraufhin auf die Idee, dass M. beim Trinken mit der Milchmenge überfordert sein könnte. Die Geräusche, die sie während des Trinkens machte, bestätigten den Verdacht. So mussten sich Menschen anhören, die ertrinken, weil sie so viel Wasser schlucken. Die Schmerzen wurden verursacht, da M. versuchte, mit ihrem Kiefer den Milchfluss zu unterbrechen. Ich hatte ein unheimlich schlechtes Gewissen, dass ich meiner Tochter solche Qualen ausgesetzt hatte. Daraufhin versuchte ich zwei Wochen lang, die Milchmenge zu regulieren. Ich ließ M. vier Stunden lang immer nur an einer Brust nach Bedarf trinken. Nach Ablauf der vier Stunden war die andere Brust an der Reihe. Diese Methode brachte Erfolg!

 

Wann hört das endlich auf?!

Eine Woche später kam das nächste Problem. Nach einer gefühlten Ewigkeit hatten wir es neben der Schmerzbewältigung endlich auch geschafft, eine Stillposition zu erlernen, die tauglich für die Öffentlichkeit war. Doch da stellte uns der Milchspendereflex wieder ein Beinchen. Nun war M. sehr verärgert darüber, dass dieser zu spät ausgelöst wurde. Während die Milch noch vor der Milchregulierung floss, sobald man meine Brust berührte, so musste M. nun 30 bis 60 Sekunden arbeiten, bis die Belohnung in Form von Milch kam. Sie strampelte wild um sich, dockte sich immer wieder ab um zu schreien, verweigerte teilweise die Brust. Voller Neid beobachtete ich die Frauen im Rückbildungskurs, die ihre Kinder ohne Probleme, ja sogar im Laufen mit nur einem Arm stillten. Ich fragte mich, wann auch M. und ich eine schöne Stillbeziehung haben würden. Ich hatte ein schlechtes Gewissen, weil ich nicht glücklich war. Ich liebte es nicht meine Tochter zu stillen. Im Gegenteil, ich konnte es kaum erwarten, sie in einigen Monaten abzustillen.

Irgendwann kam ich an einen Punkt, an dem ich mich nicht mehr vor die Tür traute. Gleichzeitig fiel mir aber zu Hause beinahe die Decke auf den Kopf. Ich musste lernen, die Stillbeziehung zu meiner Tochter zu akzeptieren, auch wenn ich mir im Vorfeld immer etwas anderes unter dem Stillen vorgestellt hatte. Meine Hebamme riet mir daraufhin, immer einmal wieder Milch abzupumpen und M. diese mit der Flasche zu verfüttern. So könnte ich auch einmal wieder allein das Haus verlassen, einmal wieder nur etwas für mich tun. Oder aber in Momenten, in denen mir absolut nicht nach Stillen zumute war, auf die Flasche ausweichen. Ich nahm diesen Vorschlag dankbar an. M. akzeptierte die Flasche auf Anhieb und wir wurden allesamt glücklicher.

 

Waren alle Schmerzen umsonst?

Wer jetzt denkt, das seien alle Steine gewesen, die uns in unserer Stillgeschichte in den Weg gelegt wurden, der irrt sich. Gerade ging die Stillbeziehung zwischen M. und mir bergauf, da stellte ich fest, dass M. nicht mehr zunahm. Ich sah es ihr an. Außerdem war sie so launisch und selbst nach dem Stillen absolut nicht zufrieden. Hatte ich während M.s ersten Lebenswochen an einer Brust um die 100 ml Milch abpumpen können, so bekam ich jetzt nur noch 20 ml zusammen. Meine Hebamme versuchte mich zu beruhigen, indem sie mir erklärte, eine Milchpumpe könne nie das  Saugen eines Säuglings imitieren. Doch der Gedanke, dass M. nicht satt wird, verfolgte mich. Ich vereinbarte daraufhin mit meiner Hebamme drei Termine innerhalb von drei Wochen, in denen wir das Gewicht von M. kontrollierten. Und tatsächlich nahm M. in einer Woche zum Teil nur 40 g zu. In ihrem Alter sollte es mindestens das Dreifache sein. Sie befand sich weder in einem Schub, noch legte ich sie zu selten an (es waren alle 30 bis 120 Minuten). Das Ende vom Lied: ich musste M. ab dem vierten Lebensmonat zufüttern. Der Begriff ‚Versagerin‘ war nun längst kein Ausdruck mehr für das, was ich über mich dachte. Innerlich war ich am Boden zerstört, fühlte mich als schlechte Mutter. Nun sollte ich mich über drei Monate sowohl psychisch als auch physisch gequält haben, nur um M. dann doch zuzufüttern? Doch ich hatte natürlich keine andere Wahl.

 

Es geht bergauf

Es dauerte mehrere Tage, bis M. die Prenahrung akzeptiert hatte. Mittlerweile haben wir uns mit dem abwechselnden Stillen und Flaschegeben eingespielt und sind allesamt zufrieden. Ich merkte bereits nach kurzer Zeit, dass M. zu einem anderen Kind wurde. Sie ist ausgeglichener, fröhlicher und genießt das Stillen. Genau wie ich. Das Gefühl, wenn M. sich während des Stillens für einen kurzen Moment abdockt, mich ansieht und anfängt breit zu lächeln, ist unbeschreiblich. Ich kann nicht behaupten, dass ich das Stillen mittlerweile als schön empfinde. Aber wie könnte ich nicht glücklich darüber sein, meine Tochter mit solch einem Lächeln im Gesicht zu sehen?

Das Flaschegeben hat natürlich auch einen Nachteil: meine Muttermilch geht nach und nach zurück. Ich befürchte, dass es nicht mehr allzu lange dauert, bis M. und ich uns abgestillt haben. Natürlich pumpe ich ab, wenn M. wieder die Flasche bevorzugt und wir eine Stillmahlzeit ausgelassen haben. Doch das Abpumpen ersetzt das Stillen in unserem Fall definitiv nicht. Bis dahin versuche ich mein Bestes, damit M. so lange wie nur möglich von der Muttermilch profitieren kann.

 

So fühlt sich Glück an

Für M. und mich hätte ich mir natürlich einen schöneren Start in unsere Mutter-Tochter-Beziehung gewünscht. Es dauerte einige Zeit, bis mich das Muttersein so glücklich machte, wie ich es mir immer erträumt hatte. Auch für meine Ehe waren die Stillprobleme nicht nur ein Mal eine richtige Zerreißprobe. Es muss nicht leicht sein, mit einer Frau zusammenzuleben, die den halben Tag am weinen und die restliche Zeit völlig in sich gekehrt ist, weil sie sich nur noch wie eine Maschine vorkommt, die funktionieren muss, damit es ihrer Tochter gut geht. Nun aber bin ich endlich überglücklich über meine kleine Familie, über meine wunderbare M., die trotz der niederschmetternden Stillerlebnisse kein Einzelkind bleiben soll!

 

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2 Gedanken zu „Deine Stillgeschichte | Es war ein langer, tränenreicher Weg“

  1. Margit sagt:

    Hallo! Ich konnte einige Paralellen zu meiner Stillgeschichte erkennen… Ich bewundere dich und dein Durchhaltevermögen! Alles Gute!

  2. Rantje sagt:

    Du bist definitiv keine Versagerin! Du hast so unfassbar für das stillen gekämpft. Andere Frauen hätten schon viel viel früher aufgegeben!
    Ganz liebe grüße!

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