Beikostreifezeichen | Beikost einführen und nach Bedarf weiter stillen

12. Oktober 2018

Ein seltsames Gefühl, wenn man sein, meist zahnloses, kleines Wesen an die erste feste Nahrung gewöhnen möchte. Die ersten Monate hat es entweder von Mutter- oder Ersatzmilch gelebt und nun erreicht der kleine Mensch einen weiteren Entwicklungsschritt. Wenn man mich fragen würde, welche Entscheidungen ich in meiner ersten Mutterschaft bereue, dann wäre es der frühe Beikost Start bei meinem ersten Kind. Heute, nach einem Kleinkind und einem Baby, welches gerade mit dem ersten Babybrei startet, möchte ich Euch an meinen Erfahrungen teil haben lassen. Es stellt sich natürlich immer die Frage: Ab wann beginne ich mit der Beikost?

WICHTIG: Wenn ich von Muttermilch spreche, meine ich damit gleichzeitig auch Premilch, also Ersatzmilch.

Zwei unterschiedliche Beikosteinführungen

Beikosteinführung die Erste

Bei seinem ersten Kind ist man meist grün hinter den Ohren. Egal wie viel man liest oder hört, man ist sich nie sicher, welcher nun der richtige Weg ist. Mein Großer hatte große Probleme mit Drei-Monats-Koliken und ist außerdem ein High Need Baby gewesen. Unwissend begab ich mich zu allen Untersuchungen des Kinderarztes und wurde schnell aufgeklärt, dass ein früher Beikoststart wichtig für die Entwicklung meines Kindes sei. Der mir genannte Zeitraum beschränkte sich so ab 3 1/2 Monaten bis zu 6 Monaten, alles darüber hinaus würde Probleme bereiten. Welche Mutter möchte ihrem Baby denn eine schwierige Anfangszeit bescheren? Ich denke keine.

Neben den vom Arzt erteilten Ratschlägen, wurde ich auch familiär darauf hingewiesen, dass ein früher Beikoststart sehr wichtig sei. Man hätte es früher nämlich genauso gemacht. Genauso ist ein Muss, seinem Kind so früh wie möglich an Tee und Wasser zu gewöhnen. So kam es, dass ich meinem wirklich zierlichen Baby mit 3 1/2 Monaten zum ersten Mal den Löffel reichte und er anfing ab und zu Tee zu trinken. Man soll nach und nach alles einmal durchtesten und dem Kind Frühstück, Mittag und Abendessen so verabreichen. Dies tat ich. Egal wie sehr mein Kind es nicht wollte – es ist doch das Beste für ihn?

Nachdem der erste Beikoststart Jenseits von Gut und Böse war, hatte ich das Ergebnis nach wenigen Monaten. Mein Großer fing an sich zu wehren und verweigerte jede Art von Nahrung. Ich hatte also mit 10 Monaten ein Baby an meiner Seite, welches sich wieder ausschließlich von Muttermilch ernährte. Es war ein langer und steiniger Weg, dass er sich wieder Sicher beim Essen fühlen konnte. Erst als er selbst mit Gabel und Löffel umgehen konnte, hat sich die Lage verbessert. Selbst heute ist mein Großer ein schlechter Esser. Ob es an dem frühen Beikost Start lag? Ich weiß es nicht. Jedoch sagt mir mein Gefühl, dass dieser Stress, den wir uns beide gemacht haben, sich negativ auf die Nahrungsaufnahme ausgewirkt hat.

Beikosteinführung die Zweite

Mit meinem ersten Kind kam auch das Interesse an allem zum Thema Schwangerschaft, Geburt und Mutterschaft. Ich  bin ehrlich: Für mich war in meiner kinderlosen Zeit nicht viel dabei. Und was kann denn bitte schlecht laufen? Alle Kinder werden groß. Heute habe ich ein ganz anderes Bild, von einem artgerechten Umgang mit Babys und Kindern. Leider ist es fast unmöglich, in meiner Heimat, einen Arzt zu finden, der sich wirklich gut, mit den mir wichtigen Themen auskennt. Standardgemäß nehmen wir alle Untersuchungstermine war und so wurde uns schon nach wenigen Wochen erklärt, wie wichtig es ist, dass unser Säugling so früh wie möglich Wasser und Tee trinken muss. Puh, nicht schon wieder solche Ratschläge. Natürlich war auch wieder Beikost das Thema. Doch dieses Mal habe ich mir vorgenommen auf mein Baby zu hören. Eine Hilfe waren mir außerdem die Beikostreifezeichen.

Der Kleine wurde 3 1/2 Monate alt und wir stillten voll. Er wurde vier Monate und wir stillten voll. Genauso ging es im fünften, im sechsten und im siebten Monat weiter. Kurz vor dem achten Monat haben wir langsam mit der ersten Nahrung begonnen.

 

Beikostreifezeichen

Die WHO empfiehlt 6 Monate ausschließlich zu Stillen (oder Pre-Milch) und unter Berücksichtigung der Beikostreife, geeignete Beikost einzuführen und bis zum Alter von 2 Jahren nach Bedarf weiter zu stillen (oder Pre-Milch). Natürlich kann auch darüber hinaus weiter gestillt (oder Pre-Milch) werden, solange sich alle Beteiligten wohl fühlen.

  • Dein Baby kann mit leichter Unterstützung im unteren Rücken aufrecht sitzen
  • Dein Baby macht Kaubewegungen
  • Dein Baby kann seinen Kopf alleine halten
  • Dein Baby kann Nahrung selbständig greifen und zum Mund führen
  • Dein Baby zeigt Interesse am Essen
  • Der Zungenstoßreflex, der Nahrung wieder aus dem Mund schiebt, ist vollständig verschwunden

Breirezepte, Gläschen oder BLW?

Für mich ist das Zusammenspiel von all diesen Komponenten perfekt. Breirezepte gibt es bei uns jedoch gar nicht, denn entweder isst der Kleine direkt vom Tisch mit und wir zerdrücken die Nahrungsmittel oder wir geben ihm etwas weiches in die Hände, an dem er lutschen und knabbern kann. Ab und zu öffnen wir auch mal ein Gläschen oder rühren einen Brei an. Beim Kauf von Gläschen achten wir sehr darauf, von welcher Marke wir diese beziehen. Hier kommt Holle, Alnatura oder DM Bio zum Einsatz. Auch Brei zum Anrühren beziehen wir von diesen Firmen und achten darauf, dass diese keinen Zuckerzusatz enthalten. Meist geben wir noch einen Löffel Apfelmark dazu. Ich glaube jeder kann seinen perfekten Weg finden. Mir persönlich gefällt es jedoch am Besten, wenn ein Kind zusammen mit der Familie das selbe isst.

Beikosteinführung heißt nicht abstillen

Immer wieder wurde ich darauf hingewiesen, dass man mit dem Start der Beikosteinführung eine Stillmahlzeit aussetzen soll. Bis heute bin ich mehr als froh darüber, dass ich damit nie angefangen habe. Hätte ich damals nicht weiter nach Bedarf gestillt, hätte ich nicht gewusst, wie ich meinen Großen, bei der Verweigerung von fester Nahrung, hätte satt bekommen sollen. Auch bei meinem kleinen Sohn wird nicht nach Zeit oder nach Richtlinien gestillt. Wenn er nach dem Mittag am Tisch immer noch Hunger hat oder einfach eine Brust zur Beruhigung benötigt, bekommt er diese. Für mich hat die Beikosteinführung nämlich nichts mit dem Abstillen zu tun und keine Stillmahlzeit muss komplett durch eine Breimahlzeit ersetzt werden.

Laut der WHO sollte man sein Kind bis zum zweiten Geburtstag trotzdem mit Mutter- oder Ersatzmilch versorgen. Wenn ich nach und nach alles schon so früh ersetze und auf Wasser und Tee umsteige, nehme ich dem Kind nämlich seine Milch, welche dieses kleine Geschöpf immer noch benötigt.

Hier habe ich wieder eine tolle Anekdote aus dem Untersuchungszimmer meines Kinderarztes. Dort wurde mir geraten auf gar keinen Fall nach der Mahlzeit meinem Baby die Brust zu geben. Das Baby würde sich nämlich merken, dass es nicht richtig essen muss und danach trinken dürfe. Das Kind muss lernen, dass es auf keinen Fall danach Muttermilch bekommt, damit es einen nicht austrickst und richtig isst. Wenn ich über die Worte nachdenke wird mir leider ganz schlecht und ich habe ein ganz mulmiges Gefühl, denn genau da könnte ich mit meinem ersten Kind sitzen.

Warum soll bis zum zweiten Geburtstag weiter Mutter- oder Ersatzmilch gegeben werden?

Die WHO empfiehlt weltweit nach Bedarf Muttermilch (oder Pre-Milch) zu füttern. Warum wird dies empfohlen? Muttermilch bleibt weiterhin eine wichtige Quelle für Nährstoffe. Besonders wichtig ist Muttermilch während einer Erkrankung, bei der der Kind die Nahrungsaufnahme verweigert. Stillen schützt in dieser Phase das Kind vor Austrocknung und bietet notwendige Nährstoffe zur Genesung. Eine längere Stilldauer wird außerdem mit einem geringen Risiko chronischer Krankheiten und Übergewicht in Verbindung gebracht. 

Warum wird nur von Pre-Milch gesprochen? Pre-Milch kommt der Muttermilch am Nächsten. 1er, 2er und Kindermilch sollten nicht verabreicht werden. Einem Baby und Kleinkind reicht Pre-Milch vollkommen aus.


Ich kann aus meiner persönlichen Erfahrung jedem raten seinem Kind die Zeit zu geben, welche es braucht. Jedes Kind wird früher oder später essen – Ob es nun mit sechs Monaten, mit zehn oder vielleicht erst mit zwölf Monaten beginnt, ist doch völlig egal. Das Kind muss sich wohl und bereit fühlen. Wir Eltern sind dafür da, zum richtigen Zeitpunkt das Kind auf seinem Weg zur festen Nahrung zu begleiten. Lasst Euch von keiner Autoritätsperson erzählen, wann ein Kind so weit zu sein hat.

Wie sind Eure Erfahrungen? Ich freue mich über Eure Kommentare.

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